Mozart´s Tempo-System |
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Eine 200 Jahre
alte Frage: wie sind MOZARTS
TEMPOBEZEICHNUNGEN zu verstehen?
Diese Frage, die schon so viele Autoren auf so viele widersprüchliche Weisen zu beantworten suchten, benötigt meines Erachtens einen neuen undogmatischen und praktischen Angang. Wie viele andere Musiker fand ich die Tempo-Vorschläge in der Literatur zur Aufführungspraxis in vielen Fällen nicht mit meinen Erfahrungen und Bedürfnissen als Interpret vereinbar. In meiner lebenslangen Arbeit als Dirigent von Opern und Konzerten in Deutschland wurde mir schließlich klar, dass die einzige Methode, von Spekulationen über Tempobestimmung durch Puls oder Schritt und vom Vergleich mehr oder weniger verlässlicher Lehrbücher der Zeit vor Mozart wegzukommen, die ist, Mozart selbst zu befragen. Obwohl
er das Thema
"Tempo" nur gelegentlich - und nicht immer klar - in seinen
Briefen anspricht, ist ihm doch eine
möglichst genaue Bezeichnung in
seinen Partituren ein
großes Anliegen. In einem sorgfältigen Vergleich
aller
1.576 Sätze und Satzteile, die autographe
Tempobezeichnungen
haben, ist es in fast jedem Fall möglich, einen
ähnlichen
Satz mit der selben Charakteristik von Taktart, Tempowort und
kleinsten Notenwerten zu
finden. Langsamer oder
schneller bezeichnete Sätze gleicher Taktart und Notenklasse
können als
Vergleichsmuster
dienen. Auf
diese Weise versuche ich, die Reihenfolge und
Charakteristik der Tempi Mozarts, seine Bewegungs-Modelle
oder "Tempo-Module", zu klären und
die Logik in seinem Tempo-System aufzuzeigen. Wenn
dies einmal
geleistet ist, kann es jedem Interpreten überlassen
bleiben, innerhalb von Mozarts höchst komplexem
System das
ihm an diesem Tage für dieses Stück in
diesem Raum für
sein Ensemble und sein Publikum richtig
erscheinende Tempo
zu finden.
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„Mozarts Tempo-System. Ein Handbuch für die professionelle Praxis.“ um neue Kommentare und 40 Notenbeispiele erweiterte dritte AuflageTECTUM - Ein Verlag in der Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, 2019 ISBN: 978-3-8288-4290-8 391
Seiten DIN A4, 434 Notenbeispiele. Festeinband; 58,-
Euro
„Helmut
Breidensteins erstaunliches Werk über „Mozarts
Tempo-System” ist nun abgeschlossen
– soweit dies von einem Buch zu sagen ist, das sich als
“Hilfe … beim
unerläßlichen eigenen
Suchen des
Interpreten” zur Verfügung stellt. Ich halte es
für eines jener seltenen und
wichtigen Bücher, in denen Musik und Musikwissenschaft eine
lebendige
Verbindung eingehen, eine Lebensarbeit, die ein wenig beachtetes Feld
erst
wirklich zum Bewußtsein bringt. Sie tut dies unter Einsatz
eines Verstandes,
der nie den musikalischen Boden unter den Füßen
verliert, einer kritischen
Intelligenz, die sich nicht scheut, Fragliches beim Namen zu nennen,
ohne sich
dabei selbst für unfehlbar zu halten. Man
kann
Helmut Breidenstein nicht genug dankbar sein für die
methodische Genauigkeit,
die uns Mozart-Interpreten gestattet, sich leicht und mit
Vergnügen zurechtzufinden.
Der Anhang versammelt Auszüge aus Texten zur
Aufführungspraxis in einer Vollständigkeit,
wie ich sie sonst kaum zugänglich fand. Allein schon dieser
Abschnitt des Buches
macht deutlich – wenn man es nicht bereits gewußt
hat – daß dem von Breidenstein
behandelten Gebiet, vielfältig und vielgestaltig wie es ist,
nicht mit ein paar
Faustregeln Gerechtigkeit widerfahren kann. Breidensteins Buch
schärft die
Wahrnehmung, es vermittelt den Überblick und sensibilisiert
uns zugleich für
den Einzelfall. Bewunderung und Dank."
Alfred Brendel, London 2011 „Mit
grösstem Interesse habe ich
Ihr neues Buch über Mozarts Tempi gelesen. Es ist die
umfassendste und kompetenteste Aufarbeitung dieser Thematik seit Beginn
der Diskussionen über authentische Aufführungspraxis.
Ich möchte Ihnen für diese wegweisenden Studien
meinen grössten Dank und Anerkennung zukommen lassen. Seit
unserer integralen Aufführung des Geistlichen Werkes von
Mozart (1991) habe ich mich, zusammen mit vielen Kollegen, immer wieder
mit dieser Fragestellung auseinandergesetzt und kann deshalb Ihren
Überlegungen und Folgerungen vorbehaltlos zustimmen."
Prof. Dr. Alois Koch, Luzern, 01.08.2012 *
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ABSTRACT:Dieses Buch behauptet nicht, „die einzig richtigen Tempi“ für Werke Wolfgang Amadeus Mozarts zu kennen. Es möchte eine Hilfe sein beim unerlässlichen eigenen Suchen des Interpreten nach dem sowohl für das jeweilige Werk als auch für ihn selbst, sein Instrument, sein Ensemble, den Raum, das Publikum, den Charakter der Veranstaltung richtigen „wahren Mouvement“. Es geht davon aus, dass es einerseits kein absolutes „authentisches“ Tempo für Werke Mozarts geben kann, andererseits aber seine Tempobezeichnungen, da er sie mit großer Akribie vornahm, ebenso ernst zu nehmen sind wie die anderen Parameter seiner bekannt präzisen Notation. Als
Nachschlagewerk für die praktische Interpretationsarbeit von
Musikern gedacht,
bietet das Buch nach einer allgemeinen Darstellung der Tempobestimmung
im 18.
Jahrhundert in 420 meist kommentierten
Listen von Stücken
gleicher Charakteristik, die modul-übergreifend den
Vergleich mit langsameren
und schnelleren ermöglichen, anschaulich gemacht durch 434
typische Notenbeispiele, sowie eine Sammlung aller
relevanten Texte
historischer Quellen. Nach
fünf Jahrzehnten Forschens mit
ständiger
Überprüfung der Ergebnisse in der Arbeit als
Dirigent in Oper und Konzert mit
Solisten, Orchestern und Chören,
mit neuen Einsichten aus der Literatur
sowie schließlich Durchsicht des
aktuellen Standes aller Kritischen Berichte
der Neuen Mozart Ausgabe online
im Mai 2009 konnten
nun Ende 2010 die bisherigen Untersuchungen des Autors zum Thema der
Tempi bei
Mozart auf das autograph bezeichnete Gesamtwerk
ausgeweitet und damit
abgeschlossen
werden. Das
Thema der für einen „(logisch)
richtigen Vortrag“ so
wesentlichen Spielarten
wird erstmals in Zusammenhang
mit den übrigen Parametern des Vortrages behandelt;
der Interpret ist so nicht
länger nur dem eigenen Gefühl, eigenen
Experimenten und der von einer
überwältigenden Fülle schon
vorliegender Interpretationen beeinflussten
„eigenen
Intuition“ ausgeliefert. Natürlich sind
Spielarten in keiner Weise systematisierbar;
aber interessant ist es, herauszufinden,
welchen Vortrag einer Komposition
Mozart im Sinn hatte, wenn er so sorgfältig, wie
beschrieben, unter 420 Modulen
aus Taktart+Notenklasse+Tempowort
das geeignetste zur
Bezeichnung wählte. * * * * * * Meine bisherigen VERÖFFENTLICHUNGEN zu MOZARTS TEMPI 1. "Worauf beziehen sich Mozarts Tempobezeichnungen?" ABSTRACT: Drei Viertel aller Tempobezeichnungen Mozarts beziehen sich nicht auf eine "Zählzeit". Musiktheoretische Texte des 18. Jahrhunderts und prägnante Werkbeispiele zeigen, dass es Mozart um mehr ging als das physikalische Tempo: Taktarten, kleinste Notenklassen und Tempowörter bildeten gemeinsam ein komplexes System von über 300 Modulen zur Bestimmung von Betonungsgefüge, Geschwindigkeit, Charakter, Artikulation, Agogik und Spielart, des "Mouvement" im weitesten Sinne. - (Bitte klicken Sie auf den Titel, um zum Aufsatz zu gelangen) 2a. "Das Tempo in Mozarts und Haydns Chorwerken" ABSTRACT: Teil I "Musikalische Zeit". Sie kann nicht unabhängig von dem, was in ihr stattfindet, wahrgenommen werden. Das "Mouvement" des 18. Jahrhunderts umfasst deshalb die "Bewegung" der Melodie, des Rhythmus, der Taktgewichte und der Harmonik sowohl im Raum als auch in der Zeit, in der Lautstärke und im Charakter der Artikulation. Deshalb müssen die rein physikalischen Tempoangaben des Metronoms, die den Inhalt des musikalischen Verlaufs und die Bedingungen der Wiedergabe außer Acht lassen, das Wesen klassischer Tempi verfehlen. Teil II "Doppelt so schnell oder doppelt so langsam?" zeigt anhand von bekannten Beispielen aus Mozarts Kirchenmusik und Haydns Oratorien, mit welchen Mitteln die beiden Komponisten das "Mouvement" bestimmten. Die alte Regel, ¢ bedeute "doppelt so schnell", gilt nach 1770 nur noch für Chorfugen im stile antico. Das "Doppelt so langsam" der Talsma-Schule, die sog. "metrische Theorie", wird von Mersenne 1636, D'Onzembray 1732, Choquel 1762, Gabory 1770, Joh. Nep. Mälzel und Gottfried Weber 1817, Adolf Bernhard Marx 1835 und Carl Czerny 1839 klar widerlegt. ("Metronom") 2b. "Mozarts ‚Vesperae solennes de Dominica’, KV 321: eine Beispielsammlung für Tempi seiner Kirchenmusik" 3. "Mozarts Tempo-System. Zusammengesetzte Takte als Schlüssel" Dieser längere Aufsatz über Mozarts zusammengesetzte Takte erschien im Juli 2004 im Band 13 der "Mozart-Studien" (Hrg. Manfred Hermann Schmid), bei Verlag Hans Schneider / Tutzing, S. 11-85. ABSTRACT: Tempobezeichnungen des späten 18. Jahrhunderts beziehen sich nicht nur auf die physikalische Geschwindigkeit. Das komplexe, logische, sehr feinstufige Tempo-System, das nicht nur Mozart sondern ähnlich auch Jos. Haydn benutzte, bestimmt durch die "natürlichen Tempi der Taktarten" und deren Modifikation durch die kleinsten wesentlichen Notenwerte und die Tempowörter auch das Betonungsgefüge, den Charakter, die Artikulation, Agogik und Spielart, das "Mouvement" im weitesten Sinne. Deshalb sind die rein physikalischen Metronomangaben der Nachfahren für Mozart immer falsch. Unter den Taktarten sind sehr wesentliche, deren Kenntnis im 19. Jahrhundert verloren ging. Die von allen Theoretikern der Mozart-Zeit beschriebenen zusammengesetzten Taktarten 6/8 (3/8+3/8), "2/4" (= 4/8: 2/8+2/8) und der "schwere" 3/4 (2/8+2/8+2/8) werden hier erstmals systematisch untersucht. Ausführliche Zitate aus Kirnberger, Marpurg, Heinr. Christoph Koch, J.A.P. Schulz, Türk, G. Weber belegen, dass die Anwendung der Pulstabelle des zwei Generationen älteren Quantz auf Mozart ebenso ein Missverständnis ist wie die Behauptung eines so spät noch fortwirkenden "integer valor". Durch einen ausführlichen Vergleich aller 1.576 autographen Tempobezeichnungen Mozarts (ohne Menuette, Märsche und Tänze) lässt sein System sich darstellen. 4.
„Mozarts
Tempo-System II. Die geraden Taktarten“, Teil 1 + 2 5. "Mälzels Mord an Mozart. Die untauglichen Versuche, musikalische Zeit zu messen" (Dieser Aufsatz ist in "Das Orchester", 55. Jg, Heft 11, S. 8-15 im November 2007 (bei Schott Mainz) erschienen.) ABSTRACT:
Der reißerische Titel will sagen, dass die Erfindung des
Mälzel-Metronoms unser Verständnis der Wiener
Klassischen
Musik schwer beschädigt hat: das gleich machende
„Tak-tak“
des Metronoms verdrängte das organische Schwingen ihrer Metrik
aus unserem Bewusstsein. Für Haydn und Mozart war die Geschwindigkeit
von Taktart,
kleinsten Notenwerten
und Tempowort gemeinsam definiert, sie dachten sie
nicht
isoliert wie wir. Selbst Beethoven hat trotz aller Begeisterung
für
die Erfindung nur ca. 6 % seiner Werke metronomisiert. Die hier
ausführlich beschriebenen Pendel-Basteleien von Mersenne bis
Mälzel beruhten auf einem Missverständnis: die
gelebte Zeit
der Musik lässt sich prinzipiell nicht auf die interesselos
lineare der Physik beziehen. Nur „gute
Beurtheilungskraft“ auf
Grund intensiv vergleichenden Studiums der Werke eines Komponisten
findet die richtige „Bewegung“ einer Musik.
6. „Mozarts Tempo-System III. Die ungeraden Taktarten“ (Als selbständiger Text unveröffentlicht, aber integriert in mein Buch "Mozarts Tempo-System. Ein Handbuch für die professionelle Praxis", siehe oben.) ABSTRACT: Nach meinen Aufsätzen „Mozarts Tempo-System I. Zusammengesetzte Takte als Schlüssel“ und „Mozarts Tempo-System II. Die geraden Taktarten“ in Band 13, 16 und 17 der „Mozart Studien“ vervollständigt dieser Aufsatz über die ungeraden Taktarten meine Untersuchungen zu Mozarts Tempo-System. Von Mozarts 850 Sätzen oder Teilsätzen ungerader Taktart haben 515 autographe Tempobezeichnungen. Von ihnen werden 270 Sätze (mit 32 Notenbeispielen) hier besprochen, miteinander verglichen und nach ihren kleinsten relevanten Notenwerten und Tempowörtern zu 107 Modulen gruppiert. Das erhebliche Problem der 769 in der NMA nicht gekennzeichneten Tempowörter von fremder Hand wird thematisiert. Ein zusammenfassendes Handbuch für die Praxis ist in Vorbereitung. Die ‚natürliche Tactbewegung’ der ungeraden Taktarten war im 18. Jahrhundert schneller als die der geraden. Der Aufsatz entwickelt die These, dass dies - unter wesentlichem Einwirken der Tanzmusik des 17. Jahrhunderts - ein Erbe der triolengleichen Sesquialtera der Renaissance war. Aus den im 18. Jahrhundert in jeder Taktart anderen Wertigkeiten der ‚Tacttheile’ wurden im 19. Jh. mit der Entwicklung eines schwergewichtigeren Musikstils neutrale „Zählzeiten“, Schlagzeiten des Kapellmeisterarms. Erst seitdem ist - die Tradition von Barock und Klassik brechend - bei Taktwechseln l’istesso tempo die Regel. Mozart und Haydn bestimmten den Vortrag ihrer Werke durch ein Modul aus Taktart, kleinster Notenklasse und Tempowort. Selbstverständlich war, dass in der Kirchenmusik - bei gleicher Bezeichnung - „das Zeitmaaß etwas gemäßigter als im Opernstyl genommen werden muß.“ Die Untersuchung behandelt beide Stile deshalb voneinander getrennt. Mozart schrieb nur 4 Sätze im 3/2-Takt (alle im stile antico), aber (inklusive seiner 283 erhaltenen Menuette) 749 Sätze (oder Satzteile) im 3/4-Takt, von denen 232 eine autographe Tempobezeichnung haben. Da er sich der seither vergessenen Dichotomie des 3/4-Takts bediente, stehen 348 seiner Sätze im (u. a. von Marpurg so benannten) „schweren“ 3/4-Takt mit drei metrischen Betonungen pro Takt, die übrigen im ganztaktigen ‚leichten’ 3/4 mit jeweils nur einem Hauptschwerpunkt. 141 Sätze Mozarts stehen im 3/8-Takt, 64 davon haben autographe Tempobezeichnungen. Sie werden hier gemeinsam mit den 76 autographen Bezeichnungen unter den 118 Sätzen im zusammengesetzten 6/8 (3/8+3/8)-Takt behandelt, dessen Achtel das gleiche ‚Mouvement’ haben. Ausführlich untersucht der Aufsatz die in der bisherigen Literatur bezüglich ihrer Tempi bisher nur oberflächlich und meist irrig behandelten Menuette Mozarts, die nicht nur in Tanz- und Konzertmenuette geschieden werden müssen, sondern auch nach ihrer Entstehungszeit in Salzburg oder Wien sowie vom tempo di menuetto. Grundlage muss eine Mindest-Kenntnis ihrer Choreographie sein sowie Verständnis für die Entwicklung der „Königin aller Tänze“ vom musikalisch schnellen aristokratischen Menuett des 17. zum langsameren bürgerlichen des 18. und zu seiner Verballhornung seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Es wird gezeigt, dass das Menuett in Don Giovanni kein ‚Paradigma aller Menuette“ sondern ein - später sehr missverstandener - Spezialfall ist. Die ‚Ländlerischen’ und ‚Deutschen Tänze’ bildeten den Übergang zum - bei Czerny extrem rasanten - Walzer. * * * * * Ihre
Meinung über meine Theorien, Ihre Anregungen,
Einwände,
Kommentare wären höchst willkommen. Die neuen
Antworten auf
die 200 Jahre alten Fragen, die ich zu geben versuche, könnten
sehr von einer breiten Diskussion profitieren. Ich freue mich auf
Ihre Mails! NMA online!!! - Sämtliche Partituren und Kritischen Berichte der NEUEN MOZART-AUSGABE digitalisiert, online - und kostenlos!! Welch großartige Leistung!!! zurück zum Anfang
Aktualisiert
am 09.02.2019
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